Die 50% Regel - Sind nano-freie Sonnencremes wirklich frei von Nanopartikeln?
In diesem Beitrag erläutern wir die Definition von nano-freien Sonnencremes gemäß EU-Verordnung sowie Vorteile und mögliche Gefahren von Nanopartikeln für unsere Gesundheit und unsere Umwelt. Du erfährst, ob Nanopartikel auch in zertifizierter Naturkosmetik erlaubt sind und ob eine Sonnencreme mit 49% Nanopartikeln gemäß aktueller EU-Definition tatsächlich als „Non-Nano“ gilt.
Was sind UV-Nanopartikel?
Nanopartikel (aus dem Altgriechischen: nanos = Zwerg) sind extrem kleine Partikel, deren Größe zwischen 1 und 100 Nanometern liegt. Mineralische Sonnencremes enthalten oft Nanopartikel aus Zinkoxid (ZnO) und Titandioxid (TiO₂). Mineralische Partikel reflektieren die UV-Strahlen direkt, bevor sie in die Haut eindringen können. Sie bieten einen Breitbandschutz und zerfallen nicht unter Sonnenstrahlung, sind also photostabil. Auch chemische UV-Filter wie Avobenzon, Oxybenzon, Octocrylen oder Ethylhexyl Methoxycinnamat können in Nano-Größe eingesetzt werden, um ihre Stabilität und Wirksamkeit zu erhöhen und die Aufnahme durch die Haut zu verbessern.
Welche Vorteile bieten Nanopartikel in Sonnencremes der neuen Generation?
- Kosmetische Eigenschaften: Da mineralische Nanoteilchen deutlich kleiner sind, haben sie eine fast transparente Optik in der Anwendung und hinterlassen keine sichtbaren weißen Rückstände auf der Haut, wie es bei größeren Partikeln der Fall ist. Während größere mineralische Partikel die Haut mehr oder weniger versiegeln und das Schwitzen durch die Haut erschweren, ist das Hautgefühl bei Cremes mit Nanoteilchen sehr viel leichter und angenehmer.
- Stabilität: Nanopartikel verteilen sich besser in einer Sonnencreme als größere Teilchen. Sie neigen weniger dazu, sich abzusetzen und stabilisieren die Textur einer Creme.
Welche potenziellen Gefahren bringen UV-Nanopartikel mit sich?
- Unklarheiten bei den gesundheitlichen Langzeitfolgen: Es gibt immer wieder Warnungen, dass Nanopartikel durch die Haut in den Körper eindringen und dort toxische Wirkungen entfalten könnten. In Tierversuchen haben Forscher beobachtet, dass Nanopartikel im Körper von Mäusen und Ratten Entzündungen, Organschäden und Tumore verursachen können (E. J. Evans, et al., "Titanium dioxide nanoparticles: a review of current toxicological data," Journal of Applied Toxicology, 2019). Die Studienlage ist jedoch bisher nicht eindeutig. Viele Experten halten das Risiko für gering, solange die Hautbarriere intakt ist. Eine Kennzeichnungspflicht ab dem ersten Nanopartikel würde es Forschern und Verbrauchern erleichtern, die mögliche Exposition langfristig besser zu überwachen und Risiken frühzeitig zu erkennen.
- Umweltbelastung durch Nanoabfall: Nanopartikel können über Sonnencremes beim Baden in die Umwelt gelangen, sich ablagern und aquatische Ökosysteme wie beispielsweise auch Korallenriffe schädigen. Nano-Zinkoxid darf gemäß EU-Chemikalienrecht (REACH) nicht in die Umwelt gelangen, es gilt als sehr giftig für Wasserorganismen, mit akuter und langfristiger Wirkung (Wassergefährdungsklasse 2, Gefahrensatz H 410).
UV-Nanopartikel und die 50% Regel
Übliche Sonnencremes, aber auch Naturkosmetik-Sonnencremes können Nanopartikel enthalten. Wenn der Nanopartikel-Anteil über 50% der insgesamt eingesetzten UV-Filterpartikel liegt, muss dies gemäß der EU-Definition von Nanomaterialien als „nano“ deklariert werden. Wenn allerdings der Anteil mineralischer oder chemischer Nanopartikel unter 50% beträgt, muss das Produkt nicht als „nano“ deklariert werden (vgl. Amtsblatt der Europäischen Union, Empfehlung für eine Definition von Nanomaterialien vom 18.10.2011, überarbeitet am 10.06.2022).
Dies bedeutet, dass es in der Liste der Ingredients (INCI-Liste) nicht zu erkennen ist, ob ein Produkt tatsächlich 100% frei von Nano-Partikeln ist. Auch Naturkosmetik-Standards erlauben den Einsatz von UV-Nano-Filtern unter 50%, ohne dass eine zusätzliche Kennzeichnung als "nano" auf dem Etikett notwendig ist - im Einklang mit der 50% Regel gemäß EU-Richtlinien.
UV-Filter und körpereigene Vitamin-D-Bildung
Chemische wie auch mineralische UV-Sonnenschutzfilter behindern die körpereigene Bildung von Vitamin D. Dieses Vitamin in seiner aktiven Form Calcitriol unterstützt den Einbau von Calcium in unser Knochengewebe, es hat einen bedeutsamen Einfluss auf die Funktion der Schilddrüse und es stärkt unser Immunsystem. Bereits ein chemischer oder mineralischer LSF 20 blockiert zu 95 – 99% die körpereigene Vitamin D-Produktion. Ein Mangel an diesem lebenswichtigen Vitamin gehört zu den größten Gesundheitsproblemen unserer Zeit. Studien weisen nach, dass Vitamin D nicht nur unseren Schutz vor Erkältungen und Depressionen, sondern auch vor Diabetes, Darmkrebs, Osteoporose und Herzinfarkt verbessert.
Fazit
Mineralische Nanopartikel in Sonnencremes der neuen Generation bieten einen effektiven UV-Schutz und verbessern zugleich die Transparenz einer Creme auf der Haut. Allerdings stellt die 50% Regelung der EU bei der Definition von Nano-Produkten ein Problem für die Verbrauchersicherheit und Transparenz dar. Eine klare Kennzeichnung würde helfen, die Risiken bewusster zu machen und den Verbrauchern eine fundierte Kaufentscheidung zu ermöglichen. Die potenziellen Gesundheits- und Umweltgefahren von Nanopartikeln müssen unbedingt mitberücksichtigt werden, um eine langzeitige Sicherheit gewährleisten zu können.